$GME to the moon? Der rasante Aufstieg und Fall der Gamestop-Aktie in den ersten Wochen des Jahres 2021 dominierte die Medienlandschaft. Auf der einen Seite stehen die Gewinner, die teilweise aberwitzige Renditen im hohen tausendstelligen Prozentbereich verbuchen konnten. Auf der anderen Seite stehen viele Anleger, die sich einen noch höheren Kurs im Rahmen eines sogenannten „short-squeeze“ erhofften und hohe Verluste eingefahren haben.
In diesem Blog-Beitrag möchten wir Euch mit der Besteuerung von Kapitalerträgen vertraut machen und eine etwaige Verlustnutzung aus dieser Einkunftsart.
Wann ist ein Gewinn oder Verlust überhaupt realisiert?
In vielen Foren liest man derzeit „if you do not sell, you do not have losses”. Auch wenn dies zunächst nach Durchhalteparolen klingt, hat diese Aussage einen wahren Kern. Gewinne und Verluste aus Kapitaleinkünften werden gem. §20 EStG erst dann realisiert, wenn das entsprechende Wertpapier verkauft wurde.
Erst bei einem Verkauf deines Wertpapiers setzt eine Steuerpflicht (bei Gewinnen) oder Verlustnutzung (bei Ausfällen) ein.
Ich habe meine Aktien mit Gewinn verkauft. Was muss ich jetzt beachten?
Wenn du deinen Broker in Deutschland hast, wirst du in der Regel nicht viel machen müssen. Als Finanzinstitut sind die meisten Broker verpflichtet die Kapitalerträge einzubehalten und abzuführen. Grundsätzlich versteuerst du 26,375% deiner Kapitalerträge (Kapitalertragsteuer + Solidaritätszuschlag) und ggf. noch Kirchensteuer (zwischen 8 und 9 % von der Kapitalertragsteuer, variiert nach Bundesland).
Beispiel PH: Der in Deutschland ansässige, unverheiratete und nicht religiöse Phillip Hartmann, erwirbt am 04.01.21 1.000 Aktien an der Gamestop Corporation zu einem Preis von € 50 pro Wertpapier. Der Kurs steigt zum 15.01.21 auf € 60 pro Aktie. PH wirbt zu diesem Kurs weitere 500 Aktien. Zum 21.01.21 erwirbt er zu einem Kurs von € 75 weitere 500 Aktien. Am 28.1.21 veräußert PH 1.750 Aktien zu einem Kurs von € 80. |
Lösung: Der Gewinn ist der Unterschiedsbetrag zwischen den Einnahmen aus der Veräußerung nach Abzug der Aufwendungen, die im unmittelbaren Zusammenhang mit der Veräußerung stehen und den Anschaffungskosten der Wertpapiere. Hierbei gelten die zuerst angeschafften Wertpapiere als zuerst veräußert (First in first out – ‚FiFo‘). 1.750 * € 65 = € 113.750 (Erlöse aus dem Verkauf der Aktien) ./. 1.000 * € 50 = € 50.000 (zuerst angeschaffte Wertpapiere) ./. 500 * € 60 = € 30.000 ./. 250 * € 80 = € 20.000 Gewinn aus Kapitalvermögen: € 13.750, der als Gewinn anzusetzen ist. Zudem kann PH den Sparer-Pauschbetrag (€801 bei Einzelveranlagung) vom Unterschiedsbetrag abziehen. |
Ich habe Verluste gemacht. Kann ich diese nutzen?
Schade um das Geld, aber die gute Nachricht ist: Ja, kannst du! Du kannst deine Verluste aus Kapitaleinkünften mit deinen Gewinnen verrechnen. Achtung: Du kannst diese Verluste ausschließlich mit Kapitalerträgen verrechnen und nicht mit anderen Einkunftsarten (z.B. deinem Angestelltenlohn). Dafür kannst du einen zeitlich unbefristeten Verlustvortrag bilden, den du mit späteren Gewinnen verrechnen kannst.
Erst wenn Deine Kapitalerträge den Sparer-Pausschbertrag + Verlustvorträge übersteigen, musst du den zu übersteigenden Betrag versteuern.
Beispiel DH: Der in Deutschland ansässige, unverheiratete und nicht religiöse Daniel Hartmann, erwirbt am 04.01.21 1.000 Aktien an der Gamestop Corporation zu einem Preis von € 100 pro Wertpapier. Der Kurs fällt und DH verkauft seine Wertpapiere am 01.02.21 zu einem Preis von €50. Am 02.02.21 kauft DH 200 Tesla-Aktien für €300 und verkauft diese einige Tage später für €750 pro Wertpapier. |
Lösung: Kaufpreis Gamestop 1.000 x €100 = €10.000 Verkaufspreis Gamestop 1.000 x €50 = €5.000 Verlustvortrag DH: -€5.000 Kaufpreis Tesla 200 x €300 = €60.000 Verkaufspreis Tesla 200 x €750 = €150.000 Gewinn Tesla: €90.000 Steuerbelastung DH: Gewinn Tesla €90.000 ./. Verlustvortrag €5.000 ./. Sparer-Pauschbetrag €801 = zu versteuernde Kapitaleinkünfte 84.199 € davon Kapitalertragsteuer (25 %) €21.049,75 davon Solidaritätszuschlag (5,5 %) €1.157,74 = Steuerlast ca. 22.207€ = Nettogewinn DH €61.992 |
Wie funktioniert ein Freistellungsauftrag?
Grundsätzlich verfügt jeder Steuerpflichtige über einen Sparer-Pauschbetrag von €801 (bei gemeinsamer Veranlagung €1.602). Normalerweise könnte man diesen erst im Folgejahr (z.B. im Jahr 2022 für die Steuererklärung 2021) ansetzen. Bei den Kapitalerträgen kann man mit einem Freistellungsauftrag sein Finanzinstitut/Broker dazu anweisen, die Kapitalerträge bis zur Höhe von €801/€1.602 nicht abzuführen und dem Konto im gleichen Jahr wieder gutschreiben zu lassen.
Wir empfehlen euch den entprechenden Instituten einen Freistellungsauftrag zu erteilen, um von diesem Liquiditätseffekt zu profitieren.
Merke: Ihr könnt auch mehrere Freistellungsaufträge bei verschiedenen Institutionen stellen.